Das bekannteste – und nach Meinung der meisten Kenner: schönste – Gedicht über Heidelberg stammt vom Lyriker Friedrich Hölderlin (* 20. März 1770 Lauffen am Neckar, † 7. Juni 1843 Tübingen).
Der Lyriker war nachgewiesenermaßen zwei Mal in Heidelberg. Erstmals im Juni 1788 und danach noch einmal im Jahr 1795. Seinen ersten Eindruck von der Stadt beschrieb der 18-jährige in einem Brief an seine Mutter wie folgt: „Ungefär um Mittag kamen wir in Heidelberg an. Die Stadt gefiel mir außerordentlich wohl. Die Lage ist so schön, als man sich je eine denken kan. Auf beiden Seiten und am Rüken der Stadt steigen steile waldichte Berge empor, und auf diesen steht das alte, ehrwürdige Schloß. … Merkwürdig ist auch die neue Brüke daselbst.“
Das Heidelberg-Gedicht schrieb Hölderlin 1798, drei Jahre nach seinem zweiten Besuch in Heidelberg, und es erschien erstmals gedruckt 1801 in einem „Jahrbuch für gebildete Damen“. Der Originalentwurf zu Friedrich Hölderlins Heidelberg Gedichte befindet sich seit 1895 im Bestand des Kurpfälzischen Museums. Dieses Heidelberger Exemplar von Hölderlins Handschrift (er hat das Gedicht später noch überarbeitet) ist eine mehrfach redigierte Fassung. Die erste Strophe des Gedichts findet sich auch auf einem Gedenkstein in der sogenannten Hölderlin-Anlage am Heidelberger Philosophenweg.
HEIDELBERG von Friedrich Hölderlin
Lange lieb ich dich schon, möchte dich, mir zur Lust,
Mutter nennen und dir schenken ein kunstlos Lied,
Du, der Vaterlandsstädte
Ländlichschönste, so viel ich sah.
Wie der Vogel des Walds über die Gipfel fliegt,
Schwingt sich über den Strom, wo er vorbei dir glänzt,
Leicht und kräftig die Brücke,
Die von Wagen und Menschen tönt.
Wie von Göttern gesandt, fesselt‘ ein Zauber einst
Auf die Brücke mich an, da ich vorüber ging
Und herein in die Berge
Mir die reizende Ferne schien,
Und der Jüngling, der Strom, fort in die Ebne zog,
Traurigfroh, wie das Herz, wenn es, sich selbst zu schön,
Liebend unterzugehen,
In die Fluten der Zeit sich wirft.
Quellen hattest du ihm, hattest dem Flüchtigen
Kühle Schatten geschenkt, und die Gestade sahn
All’ ihm nach, und es bebte
Aus den Wellen ihr lieblich Bild.
Aber schwer in das Tal hing die gigantische,
Schicksalskundige Burg nieder bis auf den Grund,
Von den Wettern zerrissen;
Doch die ewige Sonne goß
Ihr verjüngendes Licht über das alternde
Riesenbild, und umher grünte lebendiger
Efeu; freundliche Wälder
Rauschten über die Burg herab.
Sträuche blühten herab, bis wo im heitern Tal,
An den Hügel gelehnt oder dem Ufer hold,
Deine fröhlichen Gassen
Unter duftenden Gärten ruhn.
Eine Ode, die mir nicht aus dem Kopf geht, seit ich sie vor Jahrzehnten das erste Mal las.
Ich lernte sie schnell auswendig, weil sie mich bezauberte.
Und sie hat mich neugierig gemacht.
Vor vielen Jahren fuhr ich mit dem Motorrad oft hinunter zu einem Freund, der einen Bauernhof im Taubertal
bewohnte. Von da aus machte ich mich nach Heidelberg auf.
Und fand es so, wie Hölderlin es besungen hatte.
Ich setzte mich vor ein Restaurant mit direktem Blick auf die Brücke.
Neben mir stand eine Bronzefigur, die einen Affen darstellte. Vielleicht ein Schimpanse, der mir seinen blank-
geriebenen Finger entgegen hielt.
Die Brücke: Nach heutiger Brückenbaukunst nicht gerade „wie ein Vogel des Walds“. Tönte aber von Wagen
und Menschen. – Die Sonne war hinter den Bergen verschwunden und ihr Licht brach sich an der ihren Kuppen. Ja, man konnte hinter ihnen eine „Weite“ empfinden.
Und die Burg. Ein Koloss wie nach einem Götterkampf das Überbleibsel der unterlegenen Titanen.
Das ist Jahrzehnte her. Und ich erinnere mich oft.
Hallo Wulf,
Wie konnte der Text, der für mich heute im ersten Moment „künstlich“ oder auch „gekünstelt“ daherkommt, Dich so ergreifen, dass Du ihn auswendig lernen musstest?
Und: Wandelt er sich durch hundertfaches wiederholen, dass er eingängiger wird und Klarheit entsteht bei Stellen wie: kunstlos…ländlichschönste?…traurigfroh…
Ich wüsste gern mehr über den Zauber, der davon ausgeht! Ist es Die Liebe des Erzählers?
Grüße, Bert
Eine Ode, die mir nicht aus dem Kopf geht, seit ich sie vor Jahrzehnten das erste Mal las.
Ich lernte sie schnell auswendig, weil sie mich bezauberte.
Und sie hat mich neugierig gemacht.
Vor vielen Jahren fuhr ich mit dem Motorrad oft hinunter zu einem Freund, der einen Bauernhof im Taubertal
bewohnte. Von da aus machte ich mich nach Heidelberg auf.
Und fand es so, wie Hölderlin es besungen hatte.
Ich setzte mich vor ein Restaurant mit direktem Blick auf die Brücke.
Neben mir stand eine Bronzefigur, die einen Affen darstellte. Vielleicht ein Schimpanse, der mir seinen blank-
geriebenen Finger entgegen hielt.
Die Brücke: Nach heutiger Brückenbaukunst nicht gerade „wie ein Vogel des Walds“. Tönte aber von Wagen
und Menschen. – Die Sonne war hinter den Bergen verschwunden und ihr Licht brach sich an der ihren Kuppen. Ja, man konnte hinter ihnen eine „Weite“ empfinden.
Und die Burg. Ein Koloss wie nach einem Götterkampf das Überbleibsel der unterlegenen Titanen.
Das ist Jahrzehnte her. Und ich erinnere mich oft. Diesen Text schreibe ich heute das erste Mal!!
Hallo Wulf,
Ich war 18 Jahre alt als ich zum ersten Mal in Heidelberg war, ein junger Student aus Rotterdam.
Wie froh war ich als ich Heidelberg zum zweiten Mal sah an einem schönen Ostersonntag in 2009.
Später las ich die zauberhafte Begegnungen von Goethe mit Marianne von Willemer.
Als ich 80 Jahre alt war besuchte ich die herrliche Stadt zum dritten Mal.
Dann las ich das schöne Gedicht von Hölderlin. Und jetzt träum ich: Noch einmal Heidelberg sehen und dann ….
Als Heidelbergerin kann ich nur zustimmen, dass es das schönste Gedicht über Heidelberg ist, das ich kenne, auf dem Philosophenweg zu lesen mit dem Blick nach unten : Neckar, Alte Brücke , Heiliggeistkirche,Universität,
Schloss, auf dem Schlangenweg hinunter ,um all das Schöne aus der Nähe zu sehen und zu hören,Weg über die
Alte Brücke hinüber in die Altstadt,in die Plöck,vorbei an der Peterskirche, und von da der Blick auf die andere Seite mit dem Heiligenberg im Blick, eine Fahrt mit der Bergbahn auf den Königstuhl und vieles mehr